Der jährlich erscheinende Verbundbericht des Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) dokumentiert die Entwicklungen des Verkehrsverbundes und gibt auch Überblick über die Leistungsbilanz der im VBB zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen. Wegen Zugausfällen und Verspätungen der Berliner S-Bahn im vergangenen Jahr 2018 hat das Land Berlin Anspruch auf Rückzahlungen in Höhe von vorläufig rund 20,1 Millionen Euro. Auch andere Verkehrsunternehmer wie die DB Regio, die Niederbarnimer Eisenbahngesellschaft (NEB) sowie die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (ODEG) müssen Geld zurückzahlen, allerdings deutlich weniger.
Die Zahlen über den Regional- und S-Bahnverkehr 2018 wurden vom VBB an die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr übermittelt. Die vorläufigen Zahlen müssen aber noch geprüft und bestätigt werden. In jedem Fall kann von rund 20,1 Millionen Euro ausgegangen werden, die anderweitig im Verkehrsektor verwendet werden können, z.B. für klimagerechte Mobilität der Metropole.
Europarecht und klimagerechte Mobilitätslösungen
Der aktuelle Verbundbericht enthält zugleich auch das Berichtswesen gemäß der Richtlinie EU-VO 1370. Diese regelt die Vergabe und Finanzierung von im öffentlichen Interesse liegenden Personenverkehrsleistungen, die auf Basis der am Markt erzielbaren Erlöse von Verkehrsunternehmen nicht erbracht werden, durch die dafür zuständigen Behörden.
Die Richtlinie EU-VO 1370 trennt zwischen dem gesamten öffentlichen Personenverkehr im Bereich des Schienenverkehrs und auf der Straße (Ausnahme: anwendbar auf öffentliche Personenverkehre auf Binnengewässern) und rein kommerziellen Straßen- und Schienenverkehre.
Mit neuen Mobilitätsangeboten wie Leihfahrradsystemen, eScootern, Carsharing und Ridesharing ist die Trennung zwischen Daseinsvorsorge (im öffentlichen Interesse) und rein kommerziellen Angeboten jedoch hinderlich.
Der Umweltverbund im Nahverkehr und die Vernetzung der Mobilitätsangebote sind nach dem Mobilitätsgesetz zu fördern, jedoch dürfte es mehr als nur ein Verwaltungsakt sein, die Mittel aus den Rückzahlungen etwa der S-Bahn für neue klimagerechte Mobilitätslösungen in der Metropole umzuwidmen. Klar ist: eine Vernetzung von öffentlich-gemeinwirtschaftlichen Mobilitätsangeboten ist aufgrund vieler Effizienzvorteile und vieler alternativer Angebote dringend geboten.
20,1 Millionen Euro für neue klimagerechte Mobilität der Metropole
Wie könnten die Rückzahlungen der S-Bahn-Berlin in neue Mobilitätslösungen investiert werden, die schnell und nachhaltige CO2-Einsparungen, Effizienzvorteile und urbanen Komfort miteinander verbinden? Wie können die bereits existierenden Angebote einbezogen und besser integriert werden? Welche dringlichen Probleme im Stadt-Umland-Verbund und in den Verbindungen zwischen Standrändern und Innenstadt können mit Teilbeträgen aus der Summe von 20,1 Millionen Euro zuerst gelöst werden?
Wieviele Apps und Buchungsvorgänge muss der mobilitätsvernetzte User im täglichen Umweltverbund nutzen?
Welche Lösungsvorschläge haben die Parteien? Welche wirksamen Vorschläge kommen von Politkern, die den Klimanotstand ausgerufen haben, und nun überraschend 20,1 Millionen Euro klug einsetzen können? Welche Vorschläge kommen von Anwohnern und Betroffenen an Staustellen und Verkehrsengpässen?
Welche Vorschläge kommen von den Mobilitätsanbietern selbst?
Jashar Seyfi, Deutschland-Chef des Elektroroller-Vermieters Lime, hat z.B. sein Problem und seinen Lösungsvorschlag bekannt gemacht: „Es häufen sich ja schon Beschwerden, dass Scooter Wege blockieren. Dann stelle ich mir die Frage, wo sie denn sonst parken sollen“ – und schlägt eine „Umwidmung von Autoparkplätzen zu Sharing-Parkplätzen“ vor.
Eine andere Möglichkeit wurde hier schon seit einiger Zeit in einem Video gezeigt. Digitale Regeln und Mobility Data Specification (MDS) sind ein elegantes und kostengünstiges Instrument, um Ordnung ins eScooter-Sharing-Chaos zu bringen. MDS ermöglicht es, docklose Roller, Fahrräder, Taxis und Busse zu verwalten und in Echtzeit geolokale Verfügbarkeit öffentlich anzuzeigen. Die Citizens können so frei wählen und kombinieren.
Auf Basis von VBB #OpenData könnte auch eine öffentliche SmartCity-Lösung für eScooter-Sharing entwickelt werden, die Berufspendlern nützt: Mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahren, Umweltkarte lösen, am Zielbahnhof einen abbonierten eScooter nutzen, das wäre für viele Pendler die Alternative zum PKW.
Oder kann das ÖPNV Konzept 2030 in Teilprojekten vorgezogen werden? 20,1 Millionen Euro könnten auch in einen neuen Bahnhof oder in zwei-drei Kilometer S-Bahn- Strecke investiert werden, oder in ein Anschlußgleis für einen Gewerbepark.
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