Der Berliner Senat hatte im vergangenen Herbst 2023 mit der „Agenda zur Verwaltungsreform“ ein sehr ambitioniertes Reformvorhaben der Berliner Verwaltung aufgelegt.
Die Funktionsfähigkeit der zweistufigen Berliner Verwaltung und die gesamtstädtischen Steuerung sollen danach verbessert werden.
Die Zusammenarbeit der Verwaltungsebenen, z.B. zwischen Senatsverwaltungen und 12 Bezirksämtern, die Aufgabenverteilung im Land Berlin und die Zuständigkeiten der Bezirksverwaltungen müssen dabei überprüft und neu optimiert werden.
In der Senatssitzung am 6. August wurde die vom Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner eingebrachte Vorlage „Aufgabenneuordnung zur Stärkung der gesamtstädtischen Steuerung“ beschlossen. Wegner hat das gestartete Reformprojekt zur Chefsache erklärt: „Wir gehen die Reform der Berliner Verwaltung gemeinsam an – mit allen Senatsverwaltungen, mit den Bezirken und dem Abgeordnetenhaus.“
Die Federführung und Steuerungsverantwortung für den Gesamtprozess der Aufgabenneuordnung und Aufgabenkritik obliegt der Senatskanzlei.
Neuer Zuständigkeitskatalog der Verwaltungsaufgaben
Die Neuordnung der Aufgaben ist angesichts begrenzter finanzieller Spielräume und eines wachsenden Fachkräftemangels ein grundlegender Baustein, um effizienteres und effektiveres Verwaltungshandeln zu befördern. Im ersten Schritt wird eine Bestandsaufnahme bestehender Aufgaben der Hauptverwaltung und der Bezirke erhoben. Diese werden in einen einheitlichen Zuständigkeitskatalog mit Politik- und Querschnittsfelder überführt. Die Aufgabenerhebung findet parallel in allen Senatsverwaltungen statt und soll bis Ende des 3. Quartals 2024 abgeschlossen sein.
Aufgabenkritik und Umsetzung der Handlungsempfehlungen
Im zweiten Schritt wird nach der Aufgabenerhebung eine umfassenden Aufgabenkritik durchgeführt. Dabei werden die Schnittstellenprobleme bei Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten ebenso wie Optimierungsbedarfe in den Geschäftsprozessen identifiziert und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Dieser Prozess soll in diesem Jahr begonnen werden und sogar langfristig als Daueraufgabe der Berliner Verwaltung implementiert werden. Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen erfolgt in einem weiteren Schritt voraussichtlich ab dem 1. Quartal 2025.
Kommentar: Die großen Baustellen der Verwaltungsreform
Aus der journalistischen Draufsicht auf Berlin sind viele Mängel und Strukturschwächen Berlins gut erkennbar. Zudem bilden sich in 12 Berliner Bezirksämtern auch ganz unterschiedliche Prioritäten und „Verwaltungs-Stile“ aus. Die Großbaustellen sind:
- Digitalisierung: die Berliner Verwaltung ist nicht „update-fest“ und muss mit über 75.000 Arbeitsplätzen jedes Windows-Update und jede Verwaltungsreform und Gesetzesänderung fürchten.
- Politische Querelen und die Brandmauer zur rechten Partei verhindern eine durchgängige und vollzählige Besetzung der Bezirksämter mit einheitlichen Zuständigkeiten.
- die fehlende wirksame und verantwortliche Kontrolle der Abfall-Erzeuger auf Baustellen verursacht eine Vermüllung Berlins und beschwert zweistellige Millionenkosten bei der Sonderentsorgung.
- eine unüberschaubare Vielzahl sozialer und gemeinnütziger Projekte wird staatlich gefördert, wobei inzwischen in 12 Bezirken viele Doppelangebote aufgebaut wurden.
- es gibt keine durch Baupolitik gesteuerte Städtebaupolitik und Stadtumbau-Politik, die auf öffentliche Vergabeverfahren und strukturellen Städtebau aufbauen kann.
- In der Wohnbaupolitik gibt es völlig ungesunde Strukturen, die auf die Maximierung staatlicher Subventionen hinwirken, statt etwa optimale Ressourcen-Nutzung in den Blick zu nehmen.
- Im Bereich ÖPNV sind Sicherheit und Stadtsauberkeit mangelhaft. Die Ergebnisse belasten die Attraktivität das Angebots und auch das arbeitende Personal. Es ist ein Systemaufgabe für alle Bürger und die Stadt, die nicht allein von Security- und Reinigungsdiensten lösbar ist.
- Im Bereich Smart City und Mobilität gibt es „schlaue Supereffizienz-Reserven“ die ungenutzt sind, und die lokale Wertschöpfung enorm verbessern können.
- Im Bereich „Hitzeschutz“ und „Klimaanpassung“ muss mehr für städtisches Grün, Stadtbäume und kühlende Strukturen und Wasserflächen getan werden.
Feedback und Public Open Innovation: „Nicht ärgern, VV-einreichen!“ — Was sind ihre Vorschläge zur Verbesserung der gesamtstädtischen Steuerung Berlins und zur ständigen Aufgabe „Verwaltungsreform?“ Schreiben Sie uns gern auch mit vertraulichen Hinweisen an!
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