Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea feiert 30-jähriges Bestehen
— Über 30.000 Gäste an 3 Tagen
von Gesine Stoyke
Es herrscht Andrang an den Ständen auf dem Innenhof der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg. Eine Traube von Besuchern umringt eine Fotobox und wartet darauf, Schnappschüsse in der koreanischen Nationaltracht Hanbok zu machen, andere informieren sich an einem Desk der Koreanischen Zentrale für Tourismus über Reisen nach Seoul und wieder andere sammeln sich an den Tischen, an denen Fans ihre K-Pop-Artikel zum Kauf anbieten. Schnell wird klar, dass hier irgendetwas mit Korea stattfindet.
1994 wurde Deutschlands erste Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea in den Räumen der südkoreanischen Botschaft in der damaligen westdeutschen Hauptstadt Bonn gegründet, im Jahr 2000 folgte der Umzug in die gesamtdeutsche Hauptstadt Berlin. Seit 2009 befindet sich die Kulturabteilung der Botschaft (die seitdem auch den Beinamen „Koreanisches Kulturzentrum“ trägt) am Leipziger Platz an einem Ort, durch den einmal die Außengrenzen der Berliner Mauer verliefen.
Nun feierte sie vom 18.-20. September ihr 30-jähriges Bestehen mit einer „KOR3A W0CHE“ in Berlins bekannter Kulturbrauerei. Während des Events gab es die unterschiedlichsten Facetten der koreanischen Kultur zu entdecken – von traditionell bis modern.
Campierende Fans und selbstgebastelte Pappplakate
Als besondere Attraktion hatte die Kulturabteilung die K-Pop-Acts Verivery und NXD für die KOR3A WOCHE engagiert. Um ihre „Idols“ live zu erleben, waren Fans nicht nur aus verschiedenen Regionen Deutschlands, sondern auch aus dem europäischen Ausland und Korea angereist. Einige übernachteten sogar vorm Eingang der Eventlocation, um bei den Konzerten ihrer Lieblingsstars einen Platz direkt vor der Bühne zu ergattern. Schon Stunden vor Konzertbeginn bildeten sich lange Schlangen, in denen die Konzertgänger:innen geduldig auf den Einlass warteten.
Eröffnet wurde die KOR3A W0CHE mit einer Glückwunschansprache des Botschafters der Republik Korea, Sang Beom Lim, und einem Grußwort des Leiters des Koreanischen Kulturzentrums und Initiators der KOR3A W0CHE, Sangkeun Yang. Der Botschafter hatte es sich zuvor nicht nehmen lassen, bei einem Gang über das Gelände die einzelnen Stände zu inspizieren.
Als dann die Eröffnungsband VERIVERY die ersten Töne anstimmte, gab es kein Halten mehr für die rund 600 Anwesenden, welche diesem Ereignis seit Wochen entgegengefiebert hatten. Die Boygroup VERIVERY (Debüt 2019), die für ihre kreative Musik und originellen Performances bekannt ist und schon auf Bühnen in den USA sowie in Hongkong, Taiwan und Japan zu Gast war, präsentierte Lieder wie „Tap Tap“, „O“ und „With Us“. Dank der KOR3A W0CHE traf die Gruppe zum ersten Mal ihre Fans in Deutschland.
Am zweiten Festivaltag hatte die Newcomerband NXD, die zur neuen Generation des K-Pop zählt, ihren großen Auftritt. Obwohl sie bislang noch nicht ihr offizielles Debüt hingelegt hat, konnte sie sich bereits bei einem internationalen Publikum einen Namen machen. An dem Abend war sie mit Songs wie „Jump“, „Giddy Up“ und „S-Class“ (einer Coverversion des gleichnamigen Lieds von Stray Kids) vertreten.
Wie bereits am Eröffnungstag skandierten die Fans, viele davon im Teenage-Alter, die Namen der Bandmitglieder und schwenkten selbstgebastelte Pappplakate. Besonders NXDs Leadsänger Jaemin war sichtlich bewegt von der Welle der Begeisterung, die ihm und seiner Crew da entgegenschwappte. Als Dank formten die Stars am Ende ihrer Performance ein Herzzeichen über dem Kopf, das vom Publikum erwidert wurde. Nach dem Konzert lehnte sich eine Jugendliche – überwältigt von den Eindrücken – erschöpft, aber glücklich an die Schulter ihres Vaters, und ein paar Meter weiter redeten Freundinnen aufgeregt aufeinander ein. „Die Performances waren der Hammer!“, „Voller Energie und Charisma!“, „Fesselnd!“ waren nur einige der Kommentare, die nach den Konzerten zu hören waren.
Erntedank und Reiskuchen
Da in diesem Jahr das Erntedankfest Chuseok, einer der höchsten koreanischen Feiertage, und die KOR3A W0CHE zusammenfielen, wurden passend zum Erntedankfest am Stand für Hansik (koreanisches Essen) die bei Feiertagen beliebten Reiskuchen Songpyeon mit süßer Füllung und die pikanten Pfannkuchen Jeon verkostet. Der Ansturm auf die Workshops, in denen die Besucher ihre eigenen Reiskuchen formen konnten, war so groß, dass bereits am ersten Tag die Zutaten ausgingen und für Nachschub gesorgt werden musste.
Erinnerung an frühere Zeiten und besondere Jubiläen
Der Workshop wurde unterstützt vom Verein Koreanische Krankenschwestern und -pfleger sowie Krankenpflegehelferinnen und -helfer, dessen Mitglieder in den 1960er Jahren nach Deutschland gekommen waren, um angesichts des Fachkräftemangels ihre dringend benötigte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Obwohl ihr Aufenthalt anfangs nur auf wenige Jahre begrenzt sein sollte, blieben viele, gründeten Familien und wurden zu Wegbereitern der koreanischen Kultur in Deutschland. Beim Kneten der Reiskuchen kamen die Mitglieder der ehemaligen Gastarbeitergeneration, die in der deutschen Gesellschaft als Vorbild für eine gelungene Integration gelten, mit Vertretern der Generation Z im Alter ihrer Enkelkinder ins Gespräch.
„30 Jahre Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea“ stand in koreanischer Schrift auf der großen weißen Papierbahn, die von Kalligrafiemeister Byong Oh virtuos gestaltet wurde. Er hat schon am ersten Berliner Standort der Kulturabteilung am Lützowufer Menschen in die hohe Kunst der Kallifgrafie eingeführt und gibt heute noch regelmäßig und voller Engagement Kurse am Koreanischen Kulturzentrum.
Zu ihrem 30-jährigen Bestehen hatte die Kulturabteilung in einem Video- und Fotowettbewerb dazu aufgerufen, Erinnerungen und Fotos von früheren Veranstaltungen einzusenden. Das Ergebnis war in einer Ausstellung im Innenhof der Kulturbrauerei zu sehen, die einen Rückblick auf die Geschichte der Kulturabteilung in den vergangenen drei Jahrzehnten erlaubte.
Erweitert wurde das Angebot durch Stände der Koreanischen Zentrale für Tourismus (KTO), der Korea Creative Content Agency (KOCCA) und der Fluglinie Korean Air. In diesem Jahr feiert nicht nur die Kulturabteilung ihr 30-jähriges Jubiläum, sondern auch Korean Air blickt bei der Flugroute zwischen Seoul und Frankfurt/ Main auf 40 Jahre zurück. Aus diesem Anlass verloste die Kulturabteilung denn auch ein von Korean Air bereitgestelltes Hin- und Rückflugticket nach Korea unter denjenigen, die an den Ständen des Koreafestivals fleißig ihr Stempelheft gefüllt hatten, das vorher vom Veranstalter ausgegeben worden war.
Thriller und Tanz
Die KOR3A W0CHE endete am 20. September mit einer Tanzgala im Kesselhaus der Kulturbrauerei und einer Vorführung des Thrillers „A Hard Day“ von Kim Seong-hun (OmeU).
Yunhee Choi ist Bewahrerin verschiedener traditioneller koreanischer Tänze und trägt den Ehrentitel „Immaterielles Kulturgut“. Während der Tanzgala gab sie gemeinsam mit den Schülerinnen ihres Kurses am Koreanischen Kulturzentrum in immer neuen, prächtigen Gewändern einen beeindruckenden Einblick in das Repertoire des traditionellen Tanzes, von Trommel- bis Fächertanz. Herrschte zu Beginn der Vorstellung noch Unruhe im Saal durch später kommende Gäste, breitete sich kurze Zeit später eine konzentrierte Stille unter den Anwesenden aus. Alle schienen in den Bann gezogen von den anmutigen, synchronen Bewegungen der Tänzerinnen und den gleichförmigen, meditativen Rhythmen der Musik.
Das Kontrastprogramm kam dann nach der Pause in Form des Auftritts der Fortgeschrittenenklasse der K-Pop Academy, welche das Publikum in die Gegenwart zurückholte und ihm mit Covertänzen von Songs wie „Sheesh“ (Babymonster), „Go Go“ (BTS) und „Smoothie“ (NCT Dream) noch einmal ordentlich einheizte.
Nach der Verlosung des Korea-Flugtickets und der Übergabe an die glückliche Gewinnerin wurde der Leiter des Koreanischen Kulturzentrums, Sangkeun Yang, zu einem letzten Statement auf die Bühne gebeten. „Ich bin sehr begeistert, dass so viele Menschen bis zum Ende an unserem Event teilgenommen haben. Das hat meine Erwartungen übertroffen“, sagte er und danke allen für Ihr Kommen.
Als die Gäste den Veranstaltungssaal im Kesselhaus verließen, war es draußen bereits dunkel. Viele Stände im Innenhof wurden gerade abgebaut, aber an den Tischen des K-Pop-Flohmarkts beugten sich immer noch Interessierte über die Auslagen mit Fanartikeln.
Die KOR3A W0CHE hat Menschen unterschiedlicher Generationen und Nationalitäten zusammengeführt und einen Bogen geschlagen zwischen Tradition und Moderne. Es wurden die unterschiedlichsten Aspekte der koreanischen Kultur vorgestellt, und neben einem Rückblick in die Vergangenheit gab es auch einen Ausblick auf das, was noch kommen mag.
Wohl eine der reizvollsten Veranstaltungen des Berliner Kulturjahres ging zu Ende, mit vielen Highlights, die neugierig machen auf die kommenden 30 Jahre der Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea.
Weitere Informationen:
Korean Culture Center https://germany.korean-culture.org/de