Freitag, 19. April 2024
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Rülpsende Kühe dürfen bleiben

Milchkühe in Friesland

Von Michael Springer

„Das Problem mit den rülpsenden Kühen“ war eine 3-minütige TV-Sendung der Reihe „Wissen vor acht – Erde“. Der populäre Arzt und Wissenschaftsjournalist Dr. Eckhart von Hirschhausen moderierte die Sendung am 1. Februar 2023. Sie widmete sich der Thematik der Rinderhaltung und deren Auswirkungen auf das Klima.

Die Sendung vermittelte Informationen in der Aufmachung eines Bildungsauftrags. DIALOG MILCH, eine gemeinsame Initiative der Landesvereinigungen der Milchwirtschaft in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, ist den Thesen der Sendung ist den Inhalten prüfend nachgegangen. Sie kam zu den folgenden Ergebnissen.

Aufhänger der TV-Sendung war die Weltklimakonferenz in Glasgow im Jahr 2021 . Dort wurde erklärt, dass klimaschädliche Methanemissionen 30-mal klimaschädlicher als CO2 seien. Laut LVN ist dies eine gerundete Zahl, tatsächlich wird die Klimaschädlichkeit von Methan heute mit 28-mal schädlicher als CO2 eingestuft.

In der Sendung spricht von Hirschhausen die Methan-Abgabe in Deutschland an. Er spricht von der Rinderhaltung, sie sei für 40 Prozent der Methan-Abgabe verantwortlich und kommentiert dies sei „echt viel“.

Methan — ein kurzlebiges Treibhausgas

Betrachtet man die gesamte Menge an Treibhausgasen in Deutschland, kommt man zu einer anderen Sichtweise.
Methanemission in Deutschland machen etwa 6,2 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus. Zu diesen Zahlen kommt man, wenn auch die 48 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten in die Berechnung mit einfließen lässt.

Somit entfallen auf die Rinderhaltung zirka 2,4 Prozent der Gesamtemissionen, das entspricht etwa 40 Prozent der Methanemissionen.

Der zweite angesprochene Punkt sind die kurzlebigen Treibhausgase. In der Oxford Studie aus dem Jahr 2018 wurde festgestellt, dass eine konstante Emissionsrate von kurzlebigen Treibhausgasen keine Änderung der Erderwärmung zur Folge hat.
Methan zählt zu diesen kurzlebigen Gasen, da es in der Atmosphäre nach zirka 12 Jahren abgebaut ist.
Bei gleichbleibenden Rinderbeständen befindet sich demnach Methan in einem gleichbleibenden 12-Jahres Kreislauf und trägt nicht zur Erderwärmung bei.

Deutschland: sinkender Rinderbestand seit 1990

Der Rinderbestand in Deutschland hat sich von 1990 bis 2022 um 8,51 Millionen Tiere reduziert, in anderen Worten um 44 Prozent.
Das Umweltbundesamt konstatiert in seiner Pressemeldung vom 15.03.2022: „Im Sektor Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen um gut 1,2 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente (minus 2,0 Prozent) auf 61 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente zurück.“

Damit liegt die Landwirtschaft gegenüber anderen Sektoren weit vorn. Neben der Abfallwirtschaft ist sie sogar der einzige Sektor, der bislang die deutschen Klimaziele erreicht hat, so DIALOG MILCH.

Auch ohne diese neue Studie liegt die Landwirtschaft mit anteilig 8 Prozent deutlich Jahresemissionsmenge von 68 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Diese Menge wurde im Bundes-Klimaschutzgesetz 2021 festgelegt.

Die Deutschen essen weniger Fleisch

In der Sendung sagte Dr. Eckart von Hirschhausen, dass sich der weltweite Fleischkonsum in den letzten 20 Jahren um 50 Prozent erhöht hat. Diese Aussage suggeriert, das der Fleischkonsum in Deutschland ebenfalls zugenommen hat.

Tatsächlich sehen die Fakten anders aus. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Rind- und Kalbfleisch hat sich in Deutschland seit dem Jahr 1996 bis ins Jahr 2021 um 1,1 kg verringert (Quelle BLE, 2022).

Insgesamt sinkt die Fleischproduktion in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich. Rindfleisch macht insgesamt den geringsten Anteil aus – Tendenz weiter fallend.

Die Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) konstatiert bei Männern einen wöchentlichen Fleischverzehr von etwa 1.100 g Fleisch, das entspricht ca. 500 g über dem empfohlenen Orientierungswert. Frauen liegen mit 590 g Fleisch pro Woche an der oberen Grenze der Empfehlung.

Rind -und Kalbfleisch tragen rechnerisch mit 180 g/Woche einen eher geringen Anteil am Gesamtfleischverzehr der deutschen Bevölkerung bei.

Ernährungs-Zukunft: pflanzliche und tierische Nahrung

Prof. Dr. Wilhelm Windisch von der TU München sieht die zukünftige Herstellung von Lebensmitteln mit beiden Kreisläufen, der Pflanzenproduktion und der Nutztierhaltung:

Insgesamt muss die Erzeugung von Lebensmitteln Umwelt und Klima möglichst wenig belasten. Das kann nur durch ein ausbalanciertes Gleichgewicht aus veganer und tierischer Produktion gelingen. Entscheidend ist der völlige Verzicht auf Nahrungskonkurrenz in der Nutztierfütterung. D.h. wir müssen mit der Biomasse insgesamt verantwortungsvoller umgehen: Alles, was essbar ist, gehört auf den Teller. Was wir nicht essen können, gehört in den Trog.“

In der Dubliner Erklärung sprachen sich kürzlich über 650 Wissenschaftler für die Nutztierhaltung als Ergänzung zur planzlichen Ernährung aus. (Dublin Declaration of Scientists on the Social Role of Livestock)

Tierhaltungssysteme sollten auf Grundlage höchster wissenschaftlicher Standards weiter entwickelt werden.

Rinderzucht kann in Deutschland weitergehen

Vor dem Hintergrund der Zahlen wird klar: die Klimafrage beeinflusst nur zu einem geringen Teil die Entscheidung der deutscher Verbraucher zum Fleischkonsum.

Die Produzenten des TV-Formats, „Wissen vor acht – Erde“ werden aufgefordert, die Zahlen im Gesamtzusammenhang zu präsentieren und den Zuschauern die tatsächlichen Verhältnismäßigkeiten klar zu schildern.

Die Forderung von Dr. Eckart von Hirschhausen, Rindfleisch von der globalen Speisekarte zu streichen, steht im Widerspruch zu zahlreichen internationalen wissenschaftlichen Studien.

Die Rinderhaltung in Deutschland hat an den weltweiten THG-Emissionen einen Anteil von 0,07 Prozent. Die Priorisierung der Maßnahmen, um den weltweiten Klimawandel zu verlangsamen, liegt sicherlich in anderen Sektoren, wo ein deutlich größerer Hebel für THG- Einsparungen liegt.

Weitere Informationen:

www.milchland.de

Siehe auch: Muuh! — Öko-Faktencheck zu Milch und Milchprodukten


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