Kolumne: Michael Springer
Europa ringt im weltweiten Wettbewerb der Internet-Medien- und Kommunikationstechnologien (IKT-Technologien) um seine Rolle in der Welt. Zwischen China und USA wird nach Innovationen gesucht, um die „Europäische Souveränität“ im digitalen Raum zu sichern, und die vielfältigen europäischen Lebensweisen zu entwickeln. Gleichzeitig sollen die Ziele der UN-Agenda 2030 eingehalten werden. Welche immense Herausforderung damit besteht, wird erst klar, wenn man eine bisher unbeachtete Globale Variable und die absehbare Dynaxität ins Auge fasst.
Globale Variable & Dynaxität: Bevölkerungswachstum plus Digitalisierung
Eine dritte globale Macht kommt auf: das Bevölkerungswachstum und die einhergehende massenhafte Digitalisierung breiter Bevölkerungsruppen weltweit, die sich über digitale Medien und soziale Netzwerke und eigene Währungen organisieren. Eine globale Variable entsteht, die sehr schnell Folgen zeitigen wird. Die Folgen einer bisher nur von Digitalkonzernen und High-Tech-Investoren gesteuerten und ungesteuerten Entwicklung und Dynaxität, mit eigenen Transaktionsökonomien und Währungen, werden weltweit noch nicht richtig eingeschätzt.
Wie sollen Bildung und sozioökonomische Stabilität in Städten, Regionen und Dörfern gesichert werden, wenn sich Menschen durch emergente soziale Netzwerk-Kommunikation jenseits staatlicher Ordnungen organisieren? Wie soll eine demokratische Erneuerung von staatlichen Systemen und Wertesystemen gesichert werden, wenn Populismus und Medienwandel überhand nehmen?
Zivilisationsproblem: Bildungsressourcen und Vermittlungsressourcen
Um die gesteckten Ziele der UN-Agenda 2030 erreichen zu können, werden weltweit mindestens 30-40 Millionen zusätzlich Lehrkräfte benötigt. Deren Ausbildung nimmt bis zu 5 Jahre in Anspruch. Zusätzlich fehlen weltweit rund 6-7 Mio. Journalisten, Fach- und Lokaljournalisten im Haupterwerb.
Sie allein können authentisch, aufklärend und wahrheitsgemäß in ihrem Beruf dazu beitragen, Politik, Zivilisationsentwicklung, Interkulturen und soziale und politische Synergien, sowie finanzielle und technische Innovationen in zivile und regelbasierte Bahnen zu lenken.
Der Journalismus steht dabei selbst auf dem Prüfstand. Die Hinwendung zu neuen Formen und einer Ethik des Konstruktiven Journalismus ist notwendig. Der Hauptgrund: digitale Innovationen sind weitgehend unsichtbar, abstrakt und müssen erklärt und sichtbar gemacht werden, bevor Menschen sich überzeugen lassen – und Vertrauen, Systemvertrauen entwickeln können.
Bringt Qualitätsjournalismus Demokratien in Gefahr?
Weltweit verschwindet der Qualitätsjournalismus hinter Leser-Paywalls. Armut wächst, obwohl die politische UN-Agenda bis 2030 weltweit Armut abschaffen soll! Welche Folgen zeitigt das? Werden Stadtgesellschaften in zahlende Wissensträger und Unwissende gespalten? Wird das Land abgehängt? Bilden sich so Eliten und prägt sich soziale Segregation auch über den Zugang zu Qualitätsjournalismus und Diskurszugang aus?
Sind soziale Netzwerke für die Armen und Ausgegrenzten auch „unerschöpfliche erneuerbare Kraftquellen“ für Populismus, Ohnmacht und Wahn?
Derzeit lässt eine von Mega-Digital-Konzernen dominierte Internet- und Medienstrategie der „Big-Scales“ weltweit Lokalzeitungen und regionale Zeitungen sterben. Die unbestechlichen Journalisten und Dauerbeobachter lokaler Entwicklungen beginnen zu fehlen! Erst ab ca. 1,6 Mio. monatlich gezählten „Uniqe Visitors“ beginnt in Deutschland eine rudimentäre wirtschaftliche Tragfähigkeit digitaler Lokalzeitungen, die auch relevante und systemrelevante Inhalte anbieten können.
Der allein von Verlegern definierte sogenannte Qualitätsjournalismus ist heute fast unrettbar in die Digital-Ökonomien von Programmatic-Advertising, Real-Time-Bidding und Predictive Data-Algorhitmen eingewoben. Facebook ist bei vielen großen Zeitungen das erste Logo, das noch vor dem Zeitungsnamen im Bildschirm geladen wird.
Der schlimme Preis ist die Aushöhlung des Leservertrauens, denn Facebook forscht in aggressiver Weise Daten, Browserverläufe und Metadaten aus, die nachträglich auf dunklen und intransparenten Kanälen und Märkten ausgewertet werden.
Fressen soziale Spaltung und fehlendes Vertrauen am Ende die Selbstheilungskräfte offener demokratischer Stadtgesellschaften auf?
Werden politische und administrative Eliten in Berlin nicht längst durch Nachrichtenflut, „News-Stürme“ und Informationskomplexität überfordert?
Sind auf Verfassung, Anwesenheit und analoge Abstimmung gebaute politische Systeme unserer Verfassungsdemokratien und offenen Gesellschaften überhaupt auf „Dynaxität“ ( ein Kunstwort, zusammengesetzt aus dynamics und complexity) einzustellen?
Smart Cities ohne Freiheitsrechte und ohne Pressefreiheit?
Weltweit werden über 710 Smart Cities gebaut. Bunte Videos sind zu finden, Architektursimulationen, Fahrzeuge, Bahnen, Datenbahnen, aber oft sind gar keine Menschen zu sehen. Viele sind schon Baustellen, manche sind sehr ernüchternd in der Umsetzung.
Intelligente Städte – das sind bisher überwiegend Internet- und IT-Technologie-Visionen ungebremster IT-Entwicklungen von Konzernen.
Jeder kann es heute nachprüfen: in allen Smart City-Strategien spielen Worte wie „Pressefreiheit“, „Bürgerrechte“ und „Stadtrechte“ keine Rolle.
Daten-Modelle und Datenstrategien stehen im Mittelpunkt, digitale Versprechen. Informatiker, Hedge Fonds-Manager und „stille Masters of the Universe“ maßen sich Kompetenzen an, um fast 1000 Jahre urbanes und sozioökonomische Zivilisationswissen in Simulationen, Data-Centern und IKT-Architekturen als §Smart Cities“ nachzubilden.
Aber wie sieht es mit der Realitätstauglichkeit aus? Wie entstehen eigentlich stabile Sozioökonomien und Stadtökonomien, wenn Digitalisierung erklärtermaßen 40% der Erwerbsarbeit ersetzen kann? Wieso ist das Smart City Projekt von Google in Toronto tatsächlich gescheitert? Wer bezahlt die Mieten wenn Erwerbsarbeit schwindet?
Muss ein Daten-Overkill befürchtet werden? Steigt die News-Dichte auf überkritische Dimensionen, die sogra Digitalökonomien zusammenbrechen lassen? Können wir das Problem überschießender Nachrichtendichte nicht längst in Berlin beobachten und analysieren?
Werden die westlich geprägten Verfassungsdemokratien die Digitalisierung überhaupt überstehen können? Oder gehen sie im News-Sturm, im Populismus und völlig neuen Formen digital-medialer Selbstorganisation unter? – Die Antworten auf dies Fragen kennen wir nicht! – Und zugleich müssen völlig neue Antworten für die erkennbaren und emergenten Problemlagen einer breiten digital-medialen Transformation der Zivilisation gefunden werden.
Strategie der rechtskonformen Digitalisierung und IKT-Governance
Mit der in langer Vorarbeit seit 2014 erdachten „Strategie der rechtskonformen Digitalisierung und IKT-Governance*“( SLCD-ICT-G) wird ein möglicher Weg beschritten, den digitalen Wandel in normative Leitplanken, gestaltbare und verhandelbare und auch verantwortbare Bahnen zu lenken.
Dahinter steht eine zivilisationshistorische und sozioökonomische Perspektive: unsere europäische Lebenweise hat sich insbesondere in jenen 1000 Städten entwickelt, in denen seit 833 Jahren das „Magdeburg Law“ für den Aufstieg der Wirtschaft, der Bürgertums und der vielfältigen europäischen Kulturen sorgte, WEIL Bürgerrechte, Stadtrechte, Marktrechte und kommunale Selbstverwaltung für stabile Dynamiken, Wachstum von sozialen Kapital und Wissenskapital sorgten.
Die „Strategie der rechtskonformen Digitalisierung und IKT-Governance“ ist eine verantwortbare, dezidierte und transparente Strategie, die auch Anforderungen und Qualitätssicherungen beinhaltet, mit denen die technologische Entwicklung aus eher zufälligen Bahnen in gerichtete Entwicklungen gelenkt werden muss. Die entwickelten europäischen
Zivilisationsformen und Verfassungsdemokratien können nur in eine tragfähige Zukunft gerettet werden, wenn sie auf
– Pressefreiheit, Informationsfreiheit
– Bürgerrechten, individuellen Rechten und Entfaltungsfreiheiten
– Sozialdatenschutz
– Marktrechten und Erwerbsrechten
– kommunaler Selbstverwaltung
– und unabhängigen Recht und Wirtschaftsrecht beruhen.
Der Rechtsrahmen, in dem gedacht, gestritten und neu entwickelt werden muß, umfasst internationales UN-Recht, die Unesco-Kultur des Friedens ( incl. Toleranzkonvention), die Behindertenrechtskonvention und vor allem internationales Handels- und Steuerrecht.
EU-Recht und die Grundlagen der römischen Verträge und der „Vertrag über die Arbeitsweise der Euopäischen Union,“ die Digitale Agenda der EU-Kommission, einschließlich der Medienregulierung erscheinen im Lichte der „Strategie der rechtskonformen Digitalisierung und IKT-Governance“ – trotz aller Komplexität – als klare Rahmenbedingungen, innerhalb derer Innovation, Zukunftsoffenheit und wirtschaftliche Stabilität offener Gesellschaften gesichert werden können.
Informatikern und vielen Tech-Evangelisten erscheint das als zu kompliziert und hinderlich. Tatsächlich ist es ein Framework, das auch segensreich für IT-Entwicklung und europäische IT-Technologie-Innovationen ist.
Edge-Computing, browserbasierte Technologien, Blockchain-Systeme zur Sicherung von Lieferketten, Digitales Publishing und viele, viele nutzbringende Innovationen sind durch die Überwindung alter IT-Paradigmen entstanden. Die neue „Smart City-Wende“ ist schon im Gang.
Mit der „Cities Coalition for Digital Rights“ besteht ein starkes weltweites Bündnis, zwischen vielen europäischen Städten, und Metropolen wie Los Angeles, London, Amsterdam, Amman und sogar Moskau.
Leser-Paywalls und Programmatic Advertising müssen fallen!
Journalismus und vor allem konstruktiver Journalismus müssen strategische Problemlagen der Zivilisation lösen, und dürfen sie nicht noch verursachen, oder gar verschärfen!
Qualitätsjournalismus hinter Leser-Paywalls kann weder Demokratie noch offene Gesellschaft in der digitalen Transformation verteidigen! Newsletter-Eliten und zahlende Informationseliten widersprechen den Grundlogiken von Verfassung, Grundrechten und politschen Philosophien von Gleichheit, Gerechtigkeit und Entfaltungsfreiheiten. Auch Konzepte der digitalen sozialen und fairen Wirtschaft hängen daran.
Programmatic Advertising ist nicht nur ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung, sondern auch eine technologisch völlig falsche Entwicklung, weil sie Menschen zu steuern sucht, statt zu assistieren! Werbeindustrie und Zeitungsverlage haben sich selbst intransparenten Technologien unterworfen, die das wichtigste Gut für intelligente und soziale Städte zerstören: Vertrauen und Systemvertrauen, und auf Datenschutz und Sozialdatenschutz gegründete Bürgerrechte.
Das SmartCity Bluebook
Mit der „Strategie der rechtskonformen Digitalisierung und IKT-Governance“ wird ein konstruktiver Entwicklungs- und Diskurspfad eröffnet, der einen Aufschwung digitaler Nutzen- und Wohlfahrtsfunktionen fördern soll. Mehr zivilisatorische Transparenz und Erkennbarkeit, Stabilität, Nachhaltigkeit und Resilienz im Klimawandel bauen auf Vertrauen, Systemvertrauen, sozialen, finanziellen und technologischen Synergien auf.
Indem von geltenden Rechtsrahmen ausgegangen wird, wird Technologie-Entwicklung künftig steuerbar, und von Zufälligkeiten losgelöst.
Im Wettbewerb mit China, USA und bevölkerungsreichen Staaten wie Indien und dem afrikanischen Kontinent macht es z.B. keinen Sinn, mit weniger als 500 Mio. Europäern über 500 Fin-Tech-Startups zu fördern. Sinnvoller ist die Förderung von EU-Zahlungsstandards und Sparfonds und Gemeingut-Finanzierungsformen für die ganze Welt.
Der erste Entwurf des „SmartCity Bluebook“ wird aufgelegt, und enthält Rechtsrahmen, erste Anforderungen an Digitalisierungslösungen in Smart Cities und regulierungspolitische Vorschläge für eine weltweite Stabilisierung und Finanzierung von Lokalmedien, Presse und Konstruktiven Journalismus. OpenAccess, OpenData, OpenSource und OpenPressWare werden für Journalismus zu unabhängigen wirtschaftlichen Plattformstrategien.
Individuelle Entfaltungsfreiheiten, eine metropolitane Orchestrierung von Erwerbsformen, lokalen Märkten, sozialen Plattformen und wählbaren Gemeingutökonomien und infrastruktureller und administrativer Kommunalwirtschaft und kommunaler Selbstverwaltung müssen künftig „soziale und intelligente Stadtgesellschaften“ heranreifen lassen.
Die „Smart Citizens City“ ist das Ziel, die sich auf „Smart City-Infrastrukturen“ und IKT-Systemen aufbauen und zukunftsoffen gestalten kann.
Das „SmartCity Bluebook“ bewegt sich im Rahmen des geltenden Rechts, weist Wege, wie weltweit frugale Innovationen** und Super-Effizienz*** im Hinblick auf humane-digitale Plattformen, Medien und Presse und produzierende Arbeitsteilungen entwickelt werden können, die langlebiger, funktionaler und humaner funktionieren.
Erste konkrete Vorschläge für die legislative Ausgestaltung von SmartCity-Chartas in Städten und Regionen mit Synergien zwischen Infrastruktur, Kommunaler Selbstverwaltung, inklusiven Stadtgesellschaften und freien Presse- und Informationsmedien sind im „SmartCity Bluebook“ beschrieben.
Erste Zielgruppen des „SmartCity Bluebook“ sind Journalisten und Presseverlage, Kommunen und staatliche Institutionen für Digitalpolitik und Medienregulierung, die eigene „SmartCity Bluebook-Strategien“ aufbauen wollen.
Weitere Informationen und Akkreditierungssystem auf Anfrage:
info@anzeigio
Erläuterungen:
„Strategie der rechtskonformen Digitalisierung und IKT-Governance“ wird von der englischen Bezeichnung abgeleitet: „Strategy for legally compliant digitisation and ICT governance“ (SLCD-ICT-G).
** Frugale Innovationen nach indischen Muster, mit nachhaltigen ROI.
*** Supereffizienz: Mehrdimensionale Nachhaltigkeit und Resilienz